StaRUG & Co.: Wo bleibt der Gläubigerschutz für Banken und Lieferanten?
Immer häufiger sind Unternehmen in Deutschland von massiven Forderungsausfällen infolge der Krise oder Insolvenz ihrer Vertragspartner betroffen, die im Extremfall existenzgefährdend sein können.
Eine qualifizierte Beratung im Bereich des Insolvenzrechts kann dazu beitragen, Risiken und Schäden zu minimieren.
1. Ausgangslage
Die Anzahl der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland ist seit Jahren rückläufig. Selbst im „Corona-Jahr“ 2020 ging die Zahl der Insolvenzverfahren zurück. Doch die Statistik ist nur bedingt aussagekräftig, denn im Hinblick auf die Corona-Pandemie hat der Gesetzgeber die Insolvenzantragspflichten im Jahr 2020 in weiten Teilen ausgesetzt (weitere Informationen finden Sie hier). Die Insolvenzbranche rechnet jedoch im Jahr 2021 mit einem deutlichen Anstieg der Fallzahlen. Hinzu kommt, dass trotz sinkender Fallzahlen die Gesamtsumme der durch Insolvenzen verursachten Schäden gestiegen ist, wofür vor allem Großinsolvenzen verantwortlich gemacht werden.
Rechtspolitisch wird der Grundsatz, dass Schulden zurückzuzahlen sind (vgl. auch Eigentumsschutz im Grundgesetz, dort Art. 14 GG) europaweit zunehmend aufgeweicht. Zumindest partiell ist ein Europäischer Wettbewerb um besonders schuldnerfreundliche Regelungen entstanden. So bieten etwa die Niederlande (Dutch Scheme Of Arrangement) und England (Corporate Insolvency and Governance Act) sehr schuldnerfreundliche Regelungen. Der deutsche Gesetzgeber hat jetzt mit dem sogenannten StaRUG, in Umsetzung einer entsprechenden EU-Richtlinie „nachgezogen“.
Nicht zuletzt wegen der Corona-Pandemie und der befürchteten Welle von Unternehmensinsolvenzen müssen sich Gläubiger um ihre Rechte kümmern und sich rechtzeitig über Handlungsalternativen informieren. Neben dem Sanierungsverfahren nach StaRUG sollte Ihnen das „klassische“ Insolvenzverfahren mit den Spielarten der Eigenverwaltung und des Planverfahrens geläufig sein. Nicht zuletzt kann eine Risikovorsorge dazu beitragen, Forderungsausfälle zu reduzieren.
2. Gefährdung von Gläubigerinteressen durch das StaRUG?
Was ist das StaRUG?
Das StaRUG bietet Krisenunternehmen seit dem 01.01.2021 einen Rechtsrahmen für eine außergerichtliche Sanierung. Dabei werden dem Schuldner verschiedene Instrumente zur Verfügung gestellt, die es ihm ermöglichen sollen, in Verhandlungen Druck auf seine Gläubiger auszuüben und so einen Schuldenschnitt zu erreichen.
Was bedeutet das aus Gläubigersicht?
Gläubiger können die Einleitung eines StaRUG-Verfahrens, z. B. durch einen Krisenkunden, grundsätzlich nicht zum Anlass nehmen, sich von Verträgen zu lösen oder wegen früherer Rückstände aus der Zeit vor Anzeige eines StaRUG-Verfahrens die Lieferung zu verweigern (kein Zurückbehaltungsrecht). In Bezug auf Eigentumsvorbehaltswaren kann es durch eine sogenannte Stabilisierungsanordnung des Restrukturierungsgerichts zu einer vorübergehenden Durchsetzungssperre kommen.
Was können Sie als Gläubiger tun?
Gläubiger die – eventuell auch nur potenziell – von einem StaRUG-Verfahren eines Krisenkunden betroffen sind, sollten sich frühzeitig mit dem „Instrumentenkasten“, den das StaRUG bietet, befassen. Das StaRUG hat kurze Ladungsfristen (zum Teil nur 14 Tage), die in Anbetracht der betriebswirtschaftlichen Komplexität vieler Sanierungen sehr knapp sind. In so kurzer Frist ist es Gläubigern kaum möglich, sich mit der Plan-Vergleichsrechnung, den Vermögensübersichten und den Plan-Gewinn- und Verlustrechnungen des Krisenkunden zu befassen. Zur Prüfung, ob die betriebswirtschaftlichen Anlagen zu einem angestrebten Restrukturierungsplan vollständig und insgesamt belastbar sind, sollte fachkundige Hilfe hinzugezogen werden.
Das Restrukturierungsgericht hat in bestimmten Fällen die Möglichkeit, einen Gläubigerbeirat einzusetzen. Der Gläubigerbeirat ist – ähnlich wie ein Gläubigerausschuss – ein Organ, in dem während des Verfahrens Gläubigerinteressen wahrgenommen werden können.
In manchen Konstellationen kann auch die Einreichung einer Schutzschrift beim Restrukturierungsgericht in Betracht kommen. Das betrifft Fälle im Vorfeld eines potenziellen gerichtlichen Vorgehens eines Kunden.
2. Wahrnehmung von Gläubigerinteressen in Insolvenzverfahren
2.1 Repräsentanz im Gläubigerausschuss
Sofern ein Krisenkunde oder -lieferant ein förmliches Insolvenzverfahren durchläuft, ist für Gläubiger zu erwägen, sich – frühzeitig – in einem (vorläufigen) Gläubigerausschuss zu organisieren und dort die Gläubigerinteressen zu repräsentieren. Manche Gläubiger scheuen – zu Unrecht – die Teilnahme in Gläubigerausschusssitzungen. Der Gesetzgeber hat im Rahmen des SanInsFoG die Vergütungssätze für Gläubigerausschussmitglieder erhöht. Die Begleitung im Gläubigerausschuss ist besonders zu Beginn eines Verfahrens sinnvoll, da mit Einleitung eines Insolvenzverfahrens häufig die Weichen gestellt werden (z.B. in Bezug auf die Auswahl des sogenannten (vorläufigen) Sachwalters, der den Schuldner begleitet). Im Gläubigerausschuss müssen die betriebswirtschaftlichen Planungen eines Schuldner-Kunden überprüft und die Geldausgaben überwacht werden.
2.2 Insolvenzplan/Eigenverwaltung
Immer größerer Beliebtheit erfreuen sich Insolvenzverfahren in (zunächst vorläufiger) Eigenverwaltung in Kombination mit einem Insolvenzplan. Bei dieser Verfahrensart bleibt der Schuldner grundsätzlich im „Driver-Seat“. Er bekommt gerichtlich „nur“ einen (zunächst vorläufigen) Sachwalter an die Seite gestellt. Schon wegen der oft hohen betriebswirtschaftlichen Komplexität von Insolvenzplänen muss sich ein Gläubiger – ebenfalls frühzeitig – mit der Insolvenzplanstruktur und den taktischen Überlegungen eines Krisenkunden befassen.
2.3 Risikovorsorge
Um Forderungsausfälle zu minimieren, sollte eine kompetente insolvenzrechtliche Beratung aus Gläubigersicht bereits vor Eintritt der Krise oder Insolvenz des Kunden oder Lieferanten ansetzen.
Unternehmer sind häufig überrascht, dass ein Insolvenzverwalter die Möglichkeit hat, im Rahmen der Insolvenzanfechtung Zahlungen zurückzuverlangen, die der Schuldner in der Vergangenheit geleistet hat. Die Insolvenzanfechtung dient dazu, den Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung in die Zeit vor Verfahrenseröffnung zu verlagern und zugunsten der Gesamtheit der Gläubiger die Masse anzureichern. Die Anfechtungszeiträume erstrecken sich über vier, teilweise sogar über zehn Jahre, sodass sich aus einer laufenden Geschäftsbeziehung erhebliche Anfechtungsbeträge ergeben können.
Auch vermeintlich insolvenzfeste Sicherheiten erweisen sich in der Kundeninsolvenz häufig als unwirksam oder nicht durchsetzbar.
Häufig trägt eine Analyse von Geschäfts- oder Lieferbedingungen sowie der praktischen Abläufe im Unternehmen (insbesondere der Zahlungsmodalitäten) dazu bei, dass diese Risiken reduziert werden kann. Wir unterstützen Sie gerne und geben Ihnen konkrete praktische Handlungsempfehlungen zur Risikominimierung.
Die RST Beratung bündelt für Sie alle „Gläubiger-Kontroll-Tools“ in einem Team, das gleichzeitig juristische und betriebswirtschaftliche Verteidigungsstrategien erarbeitet.
Unser Leistungsspektrum umfasst u.a.:
- Begleitung des StaRUG-Verfahrens u. a. durch betriebswirtschaftliche Analysen und Verhandlungen
- Überprüfung des StaRUG-Restrukturierungsplans
- Vertragsgestaltung mit Blick auf etwaige StaRUG-Rechte von Kunden
- Vertretung im Gläubigerbeirat
- Vertretung im Gläubigerausschuss
- Prüfung und kritische Analyse von Insolvenzplänen
- Verhandlungen über Fortbelieferung in der Kundeninsolvenz
- Geltendmachung von Sicherungsrechten
- Außergerichtliche und gerichtliche Verteidigung im Fall der Insolvenzanfechtung
- Aktive Risikovorsorge, insbesondere im Bereich der Insolvenzanfechtung
Haben Sie noch Fragen?
Dann kontaktieren Sie gerne unsere RST-Ansprechpartner oder senden Sie uns eine Anfrage über das Kontaktformular:
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